Wegweiser für zeitgenössische Malerei

Die Kunstmäzene Dr. H. Jürgen Tiemann und Ingeborg Tiemann wollen der bildenden Kunst von heute mehr Sichtbarkeit geben. Der von ihnen ins Leben gerufene Tiemann-Preis ist ein wichtiger Schritt dorthin.

Interview Clara Espe

Frau Tiemann, Herr Dr. Tiemann, Sie beide fanden Ihre Haupttätigkeit in der Wirtschaft, über die Stiftung zeigen Sie großes Engagement in den Bereichen Bildung, Musik sowie Denkmal- und Naturschutz. Warum haben Sie sich dafür entschieden, den Tiemann-Preis auf zeitgenössische Malerei zu fokussieren?

H. JÜRGEN TIEMANN: Seit vielen Jahrzehnten befasse ich mich mit moderner Malerei. Es begann in Studentenzimmern, in denen ich Fotografien von Werken, besonders von Otto Mueller, an den Wänden befestigte.

INGEBORG TIEMANN: Vielleicht noch kurz zu den weiteren Aktivitäten. Mir sind klassische Musik und Denkmalschutz besonders wichtig.

Die Jury für die Preisvergabe im Jahr 2024 setzt sich aus fünf Mitgliedern verschiedener Bereiche der Kunstwelt zusammen. Was war Ihnen bei der Wahl der Jury besonders wichtig?

INGEBORG TIEMANN: Entscheidend waren die Kompetenz, der Überblick über das Kunstgeschehen und auch unterschiedliche Betrachtungen dessen, was zurzeit als zeitgenössische Malerei favorisiert wird. Im Weiteren ging es darum, dass unterschiedliche Bereiche vertreten sind. Zwei Personen arbeiten in Museen. Eine Dame ist Lehrbeauftragte an einer entsprechenden Universität und hat sicherlich einen guten Überblick über das für uns relevante Geschehen. Es hat Bedeutung, dass ein Mitglied der Jury über zeitgenössische Malerei publiziert. Schön ist weiterhin, dass auch ein Vertreter der Presse mitwirkt.

Bei seiner erstmaligen Vergabe im Jahr 2023 ging der Tiemann-Preis an das Museum Folkwang. Mit dem Preisgeld konnte der Ankauf einer Werkgruppe des Berliner Künstlers Armin Boehm finanziert werden. Was gab den Ausschlag für diese Wahl?

H. JÜRGEN TIEMANN: Das war die Entscheidung der Jury, auf die wir keinen Einfluss genommen haben.

Für welche Malerei interessieren Sie sich persönlich, und inwiefern sind Ihre Vorlieben in der Preisvergabe berücksichtigt?

H. JÜRGEN TIEMANN: Die Konstruktion für den Tiemann-Preis ist eindeutig so, dass persönliche Vorlieben keine Rolle spielen dürfen. Die Träger der Stiftung haben auch kein Mitspracherecht. Dennoch gilt, dass mit der Vergabe Freude verbunden ist und auch die persönlichen Kunstvorlieben ihre Bestätigung gefunden haben.

INGEBORG TIEMANN: Armin Boehm reiht sich ein in die Tradition des Hieronymus Bosch, des George Grosz und so weiter – also Maler, die im sozialen Umfeld und im politischen Raum agieren.

Wie fördern Sie den Austausch zwischen den Künstlern, der Jury und dem Publikum? Gibt es Veranstaltungen oder Plattformen, um die Kunstwerke und Kunstschaffenden besser kennenzulernen?

H. JÜRGEN TIEMANN: Im konkreten Fall war es von Bedeutung, dass der Künstler in Berlin arbeitet. Wir haben ihn unmittelbar nach der Entscheidung zur Preisvergabe persönlich intensiv kennengelernt. Der Austausch mit dem Publikum fand im Wesentlichen im Zusammenhang mit der Preisvergabe im Museum Folkwang in Essen statt.

Planen Sie, den Kunstpreis in Zukunft zu erweitern oder zu verändern? Gibt es neue Elemente oder Initiativen, auf die man sich freuen kann?

H. JÜRGEN TIEMANN: Die neuen Elemente sind gegebenenfalls die Ausweitung der Bewerbungsberechtigten auf die DACH-Region – Deutschland, Österreich, Schweiz. Mittelfristig überdenken wir, das Preisgeld zu erhöhen. Und schließlich streben wir an, eine noch breitere und gezieltere Ansprache von Institutionen zu organisieren.

Foto: © Ingeborg und Dr. H. Jürgen Tiemann-Stiftung
Datum: März 2024

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